Afrika, wir kommen!
Tagelang finde ich Sven nur unter Giorgio oder in dessen Motorhaube. Er ist kurz vorm Verzweifeln. Seine Blicke fliegen von der Kühlerabdeckung zum Anlasser. Kopfschüttelnd versucht er es dann unter dem Krümmer beim Turbo. Nichts. Wo ist diese verflixte Motorblocknummer? Ein weiteres Mal im Internet recherchieren. „Irgendwo rechts sollte sie sein“, erfahren wir dort. Sven robbt erneut am Boden umher. Keine Spur von der erhofften Zahlenkombination.
Dann ein weiterer Bildhinweis in einem Forum. Laut dem Werkstatthandbuch befindet sich die mysteriöse Zahl am Motorblock hinten links am Getriebe. Verbogen unter dem Auto kauernd und mit der Endoskoplampe bewaffnet geht die Suche weiter. Zunächst sind da nur ein paar Striche zu erkennen. Mit zusammengekniffenen Augen und etwas Phantasie kann man daraus ein paar Ziffern formen. Fast zur Unkenntlichkeit verblasst, hat Sven sie nun tatsächlich gefunden. Erleichtert atmen wir aus.
Nach einigen Planänderungen und Verzögerungen kann uns nichts mehr aufhalten. „Afrika, wir kommen!“ Gut, erst brauchen wir noch das Fährticket. Das sollte schnell besorgt sein, hatten wir uns doch vorab bereits an einer Verkaufsstelle informiert. Heute sitzt jedoch ein anderer Mitarbeiter am Schalter, der interessanterweise partout nicht auf den uns vor einigen Wochen genannten Preis kommt. So viel Geld hinblättern? Wir überlegen, wo wir sonst nocht Ticketverkäufer auf dem Weg gesehen haben. Da fällt mir ein Internetartikel ein, in dem von einem gewissen Carlos die Rede war. Angeblich bekommt man die Karten zur Überfahrt dort so günstig wie nirgends, so das Urteil vieler Overlander. Also nichts wie hin. Gut versteckt in einer Nebenstraße in Algeciras finden wir Carlos’ kleinen Laden. Ein paar Klicks und wenige Minuten später sind wir tatsächlich glückliche Besitzer von drei Fährtickets sowie einer Flasche Wein und Keksen, die es gratis oben drauf gab.
Aufgeregt fahren wir am nächsten Morgen zum Hafen in Algeciras. Wir passieren die erste Schranke und warten dann vor der zweiten. Trotz der geringen Anzahl von nur drei spanischen Autos vor uns, dauert es verhältnismäßig lange. Immerhin eine gute Einstimmung auf Afrika, denken wir uns. An besagter Schranke werden dann nochmals drei neue Tickets auf festeres Papier gedruckt. Gut, wenns sein muss. Wir rollen einige Meter und stehen vor Schranke Nummer drei. Erneutes Warten. Aus einem Haus taucht eine weitere Mitarbeiterin auf, die von Auto zu Auto geht und die Fährkarten einscannt. Schließlich öffnet sich die letzte Barriere. Voll Vorfreude tuckern wir über die Laderampe mit Giorgio in den Bauch des Schiffes. Jetzt gehts los!
3, 2, 1 – juhu! Wir sind in – Spanien! Spanien? Da kommen wir doch gerade her. Stimmt, doch da unser Zielhafen Ceuta eine spanische Exklave ist, bleiben unsere Füße zunächst noch kurz auf dem Boden der EU. Nach etwa 5km Fahrt kommen wir jedoch zur Grenze. Drei Kontrollen auf spanischer, drei auf marokkanischer Seite, je ein Stempel im Reisepass und ein weißes Zettelchen für Giorgio. Dann sind wir gerüstet für Marokko. Bevor wir offiziell einreisen, wird Giorgio allerdings vom Zoll noch kurz durchsucht. Waffen? Drogen? Drohnen? Nein. Alkohol? Vielleicht ein bisschen. Na, wenns sonst nichts ist. Hier wird ein Auge zugedrückt. Schließlich ist der Weg frei für unser erstes Land auf dem Weg durch den großen, geheimnisvollen Kontinent namens Afrika.
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